Was ist fürs Leben relevant?
Im Frühling 2021 von Dr. Luis Fuchs
Der Meraner Gitarrist Rolando Biscuola berichtet von einer edlen Geste den Kunstschaffenden gegenüber. Ein Herr aus Bozen habe vorgeschlagen, für ihn ein Kunstprojekt durchzuführen. Er habe seit einem Jahr coronabedingt kein Geld mehr für Kino, Konzerte und Theater ausgegeben und wolle deshalb für ein kulturelles Projekt einen Beitrag von 1000 Euro zur Verfügung stellen. Lokale Künstler wie Musiker, Schauspieler und Schriftsteller sollten mit der Realisierung des Projektes beauftragt werden. Er sei überzeugt, dass Kultur ein wesentliches und lebenswichtiges Element für unsere Gesellschaft sei.
Mit Beginn der Pandemie waren „systemrelevante“ Berufe in aller Munde. Die Aufmerksamkeit galt vor allem medizinischen Fachkräften und Pflegepersonal sowie Rettungsdiensten; sie waren und sind an vorderster Front im Einsatz und versehen „essenzielle“ Dienste. Das Kulturleben dagegen versandete im Abseits, Theater, Konzerte und Ausstellungen mussten abgesagt werden, die erforderliche Planungssicherheit war auch nicht mehr gegeben. Neuerlich besinnen sich die Kulturschaffenden wieder auf ihre Mission unter der Devise „Kultur ist lebensrelevant“. Im Leitartikel des Wochenmagazins ff beteuert Georg Mair, Kultur sei genauso wichtig wie die Wirtschaft, wie Tourismus und Gastronomie, wenn auch deren Vertreter viel lauter seien.
Frau Iris Cagalli, die Direktorin des Annenbergheims in Latsch, leitet das Projekt „Kunst kommt heim“. Fünf Vinschger Seniorenwohnheimen werden Leihgaben namhafter Südtiroler Künstler zur Verfügung gestellt. Es soll ein Versuch sein, zwischen zwei sehr verschiedenen Welten Brücken zu schlagen: Die Kunst ist auf das Soziale angewiesen, das Soziale braucht die Kunst. Somit ist das „lebensrelevante“ Schöne mit der „systemrelevanten“ Struktur des Heims unter einem Dach.
Landesrat Arnold Schuler hat letzthin das Strategiepapier für die Landwirtschaft im Jahr 2030 vorgestellt. Dabei forderte er größere Wertschätzung für die Bäuerin und den Bauern, es sei und bleibe nämlich der „wichtigste und verantwortungsvollste“ Beruf der Welt. Ein Beruf also, der in höchstem Maße als lebensrelevant anzusehen ist. Als Werbespot für die Qualität Südtiroler Lebensmittel bietet sich da der Satz des Philosophen Ludwig Feuerbach an: „Der Mensch ist, was er isst.“