Merans Chemielehrerin
Ina Schenk im Porträt
Im Frühling 2012 von Cactus
Als ich Ina Schenk in einem Cafè zur Vorbereitung auf dieses Porträt treffe, bringe ich meine Fragen mit, doch sie hat selbst schon an alles gedacht. Sie drückt mir gleich ein passendes Foto und einen 7-seitigen Lebenslauf in die Hand. Er trägt die Überschrift „Ein Leben in Südtirol“. Tatsächlich hat die heute 86-Jährige fast alle Jahre ihres Lebens in Meran verbracht. Eine konventionelle Südtirolerin lerne ich hier jedoch nicht kennen, sondern eher einen kleinen und rüstigen Freigeist mit weißem, gewelltem Haar, der mir in rasendem Tempo von sich erzählt.
Diesen Freigeist prägte sicherlich schon sein Elternhaus: Ein Vater aus dem Trentino und eine Mutter aus dem Sudetenland erzogen als Dableiber-Familie ihre Tochter evangelisch und zweisprachig. Dass dabei in der Familie kein Dialekt gesprochen wurde, hört man ihr heute noch an. Ina Schenk tat sich leicht, sowohl mit den Sprachen als auch mit den Fächern in der evangelischen Volksschule, die sie besuchte. So konnte sie die 5. Klasse überspringen und dann aufs italienische Humanistische Gymnasium wechseln. An dieser Stelle erzählt Ina Schenk gerne die Anekdote vom Direktor der Lehrerbildungsanstalt, an der sie später dann einmal unterrichtete, der seine Schülerinnen warnte: „Passt auf, die Schenk ist eine Evangelistin, lasst euch nicht von ihr verführen!“
Unterrichtet hat Ina Schenk ihr ganzes Leben lang, denn begonnen hat sie mit 14, als sie Schülern der unteren Klassen Nachhilfestunden gab. Nach dem Krieg studierte sie in Padua Naturwissenschaften und finanzierte ihr Studium wieder mit dem Unterrichten. Dazu fuhr sie per Autostopp einmal in der Woche nach Meran. Und bereits am Tag nach dem Abschluss ihres Studiums begann sie, an einer Schule zu unterrichten.
Lange Jahre blieb sie dann am Humanistischen Gymnasium und bis heute ist sie am Realgymnasium in Meran tätig. Streng ist sie und fordernd. Vor allem die guten Schüler/-innen will sie weiterbringen und erfreut sich dann an ihren Erfolgen. Heute kennen wir sie vor allem als die Expertin, die den Schülern immer wieder zu Erfolgen bei der Chemieolympiade im In- und Ausland verhilft. „Mit meinen jetzigen Lausern und Lauserinnen komme ich gut zu fahren, aber ich kann schimpfen wie ein Rohrspatz“, vertraut sie mir mit einem verschmitzten Lächeln an und ich zweifle nicht daran. Heute hält sie Förderkurse für interessierte Schüler/-innen. An ein Aufhören ist nicht zu denken und immer noch ist Ina Schenk auf neuestem Stand und fasziniert von ihrer Aufgabe: „Ich muss mich schön brav hinsetzen und lernen. Ich kann mich nicht vor meinen Schülern blamieren. Ich muss mindestens so viel wissen wie sie und möglichst ein bisschen mehr und da muss ich mich vorbereiten und das hält den Geist fit“.