Von Sprichwörtern, Bauern und Selbstzensur
Im Sommer 2022 von Robert Asam
Als Satiriker geht man normalerweise recht unbeschwert durchs Leben. Eine kleine Bosheit da, ein Seitenhieb dort. Schlimmstenfalls handelt man sich einen bösen Leserbrief ein. Seit ich aber weiß, dass die „Laubensassa“ 100.000 Euro zahlen soll, weil sie die literarisch bedeutsame Sammlung Gadertaler Sprichwörter um ein weiteres bereichert hat, bin ich vorsichtig. Nun gut, auf Kosten eines SVP-Senators aus dem Pustertal, der auch noch Rechtsanwalt ist, Witze machen, birgt immer ein gewisses Restrisiko in sich. Ich möchte deshalb auch nicht in der Haut von Hans Heiß stecken. Angenommen der Meini kommt tatsächlich nicht eini, stellt sich die Schuldfrage. Vor allem derjenige, der die Wähler/innen erst auf den Gedanken gebracht hat, dass man vielleicht nicht unbedingt den Meini wählen muss, muss sich wappnen. Der Reim, der später einmal der Sammlung Grüne Brixner Provokationsperiode zugerechnet werden wird, könnte eine Stange Geld kosten. Dem Meini ganz bestimmt. Und beim Geld hört bekanntlich der Spaß auf. Uns Meraner/innen können die Sprichwörter, die im Osten gerade die Runde machen, herzlich egal sein. Aber wir müssen umdenken: Die Grünen loben plötzlich die Landesregierung, dafür bremst die Kurpräsidentin. Es geht um die Standseilbahn nach Schenna, und Ingrid Hofer hat Bedenken, weil sie das Projekt nicht kennt.
Und wie heißt es so schön: Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht! Schon wieder so ein Sprichwort, das alle möglichen Schlüsse zulässt. Vorsichtshalber möchte ich betonen, dass es nicht um die Essgewohnheiten des SVP-Fraktionssprechers im Gemeinderat geht und schon gar nicht um jene Bauern, die noch immer damit beschäftigt sind, Julia Unterberger zu verdauen. Es geht einzig und allein um den Wissensstand jener, die nicht verpflichtet sind, sich an Machbarkeitsstudien zu erinnern, die ein gewisser Paul Rösch vorgestellt hat. Sie merken, liebe Leser/innen, wie ich mich bemühe, den Interpretationsspielraum meiner Worte einzugrenzen. So gesehen ist die Selbstzensur des Satirikers in vollem Gang.
Natürlich ist es legitim, ein Gesamtkonzept einfordern, wie das die Kurpräsidentin – und nicht nur sie – gerade tut. Aber verwundern tut es schon, dass der Ruf nach einem Gesamtkonzept immer erst dann erfolgt, wenn man aus dem Tiefschlaf aufgewacht ist und merkt, dass etwas droht, konkret zu werden. Die „Laubensassa“, würde vielleicht sagen, hintennach reitet die alte Urschel. Auch so ein Sprichwort, das nur dazu dient, Frauen mit dem schönen Namen Ursula als notorische Zuspätkommerinnen zu brandmarken, was natürlich höchst verabscheuungswürdig ist. Und außerdem, eine Ursula spielt in diesem Fall schon gar keine Rolle. Vorsichtshalber distanziere ich mich vor mir selbst.