Schlachthof Meran
Im Sommer 2014 von Dr. Johannes Ortner
Nicht allzu viele Städte können mit einem Jugendstil-Schlachthof aufwarten! Meran schon. 1906 ist das Gebäude des Städtischen Schlachthofs im Areal zwischen Schießstand, Friedhof, Bahnhof und Stadtbahn-Remise errichtet worden, weil seine Vorgänger einem ungetrübten Kurvergnügen stets im Wege standen. Der durchdringende Geruch von Blut und Exkrementen verträgt sich nicht mit dem Lustwandeln der Hautevolee und so ein Schnitzel sehen die meisten von uns auch lieber portioniert im Supermarkt. So sind die Schlachthallen der großen Städte weitab in anonyme Industrievororte verbannt worden, nur das kleine Städtische Schlachthaus mit seinem Wahrzeichen, dem weithin sichtbaren dottergelben Türmchen, ist uns in der Nähe erhalten geblieben.
In der Villa Schlachthaus befand sich bis vor Kurzem der Jugendtreffpunkt „Jungle“. Ab und an hielt ich einen Flyer mit einer Einladung zum Skateboard-Wettbewerb im „Slaughterhouse“ in Händen! Die Villa war ursprünglich die Wohnung der Amtstierärzte, der Sanitätspolizisten, der Sekretärinnen und der Tieraufseher.
Heute wird das kleine Portierhäuschen beim Eingang des Schlachthofes als Arbeitsplatz des zuständigen Amtstierarztes genutzt.
Wer schlachtet?
Die Gemeinde Meran ist Besitzerin des Schlachthofs. Jeder Private, ob Bauer, Metzger oder Buschenschankbetreiber, kann sein Vieh zur Schlachtung anmelden. Viele Jausenstationen und Hofschänken werben mit Fleisch aus eigener Produktion, und so ist eine Schlachtung ohne lange Transportwege ja wünschenswert. „Hausschlachtungen sind zwar grundsätzlich erlaubt, aber das Fleisch darf dann nur innerhalb der Familie verzehrt werden. Es darf dann den Hof nicht verlassen und nicht an Gäste serviert werden“, so Franz Hintner, der leitende Amtstierarzt des Tierärztlichen Dienstes Meran und zuständig für den ordnungsgemäßen Ablauf der Schlachtungen.
Am meisten profitieren die Bauern der Burggräfler Gemeinden rund um Meran vom zentral gelegenen Schlachthaus, denn nur knapp 5 % der Schlachtungen betreffen Vieh aus Meran. Bis vor wenigen Jahren schlug der Schlachthof mit einem jährlichen Minus von 100.000 € zu Buche. Dank verschiedener Maßnahmen und dem Einsatz des Finanzstadtrats Nerio Zaccaria konnte das jährliche Defizit auf 20.000 € gesenkt werden und der Umsatz – besonders mit der Schlachtung von Schafen und Ziegen – auf 89.000 € gesteigert werden. Die umliegenden Gemeinden (ausgenommen Ulten) beteiligen sich nach einem ausgearbeiteten Schlüssel finanziell an der Führung des Schlachthofes. Der enorme Wasserverbrauch mit Jahresspesen von bis zu 50.000 € (das Wasser für die Kühlung wurde als Abwasser eingestuft) ist durch die Umstellung auf Gaskühlung drastisch reduziert worden. Außerdem sind Personalkosten eingespart worden. Zur Zeit arbeiten zwei (statt früher drei) Metzger am Schlachthof. Dazu kommt die Dienststellenleiterin, die für Schlachthof und Friedhof verwaltungsmäßig zuständig ist.
Wie viel und was wird geschlachtet?
Jährlich werden 400-500 Rinder (Kälber, Kühe, Stiere), 600-700 Schweine, 500-600 „kleine Wiederkäuer“ (Schafe und Ziegen) geschlachtet, selten auch Pferde. Hühner werden im Schlachthof nicht geschlachtet.
Aufgrund eines Gemeinderatsbeschlusses wurde der Schlachttarif festgelegt. Rinder: 120 €, Jungrinder unter 2,5 Jahren: 85 €, Kälber: 60 €, Schweine: 35-40 €, Ziegen: 15-17 €, Geißkitze und Lämmer 8-10 €.
„Heute würde man einen Schlachthof schon ein bisschen kleiner bauen, aber man kann hier sehr gut arbeiten“, merkt einer der beiden Metzger an. In den hohen Hallen mit den großen Glasfenstern (Helligkeit), den Rad- und Schienenaufhängungen an der Decke und den Haken gibt es gesonderte Abteilungen und Eingänge für die Schlachtung der Rinder, Schweine und des Happviehs (Schafe, Ziegen). Auf der einen Seite traben sie ins Schlachthaus, durch die andere Tür wandern sie als Frischfleisch in die Kühlanlage.
Nichts für Vegetarier
Nach Ankunft der Schlachttiere führt der Amtstierarzt eine Lebendbeschau durch: „Mit der Zeit hat man seinen Blick geschult und sieht gleich, ob eine Kuh gesund ist“, so der Tierarzt. Ab und zu kommt ein Bauer mit einer „ausrangierten“ Kuh, bei der die Milch ausbleibt, die unfruchtbar ist oder wo ein nicht behandelbares Klauenleiden vorliegt. Das Fleisch einer solchen Kuh sei dann aber eher an der Wursttheke zu erstehen, fährt Hintner fort.
Kranke Tiere kommen kaum her. Es gibt nur ein bis zwei Fälle pro Jahr, wo diese dann entsorgt werden müssen.
Umfangreiche EU-Verordnungen regeln einen ordnungsgemäßen Ablauf der Schlachtung. Voraussetzung ist die Betäubung des Tieres. Bei Rindern, Kälbern und Pferden wird ein Bolzenschuss gesetzt, wobei ein Stift in das Großhirn des Rindes eindringt. Schweine, Ziegen und Schafe werden mit einem Stromschlag betäubt. Danach kommt es zur Schlachtung: Blut auslassen, Abtrennung des Kopfes, Abzug der Haut bzw. des Fells, Ausweidung und Teilung des Tierkörpers. In 20 bis 30 Minuten ist alles erledigt. Danach gehts weiter in den Kühlraum.
Der Amtstierarzt nimmt nach der Schlachtung eine Fleischkörperuntersuchung vor: Innereien werden besehen, die Konsistenz der Organe wird mittels Greifen beurteilt (Palpation). Herz, Lunge, Leber, Milz, Nieren und Lymphknoten werden angeschnitten. Bei Verdacht wird eine Probe auf Bakterien sowie auf Hemmstoffe wie Antibiotika untersucht. In diesem Fall wird der Tierkörper bis zum Eintreffen der Untersuchungsergebnisse zurückbehalten.
Neben den Fleischteilen finden nämlich auch Leber, Lunge, Herz, Kutteln (geputzter Magen), Zunge und Kalbskopf (bei Rindern nur die Wangen) in der Küche Verwendung. Blutwürste bestehen aus Schweineblut.
„Schächten ist in Südtirol nicht erlaubt!“
Seit der vermehrten Immigration von Menschen muslimischen Glaubens, hat das Schächten, das rituelle Schlachten in Judentum und Islam, die Gemüter erhitzt. Hier befinden wir uns im Widerstreit zwischen westlicher Tierschutzbestimmung (Schlachtung nur nach vollständiger Betäubung) und einer Tradition, die eine Schlachtung ohne Betäubung durch vollständiges Ausbluten nach der Durchtrennung von Halsschlagader, Luft- und Speiseröhre vorsieht. „Schächten ist in Südtirol nicht erlaubt!“ betont Franz Hintner mit Nachdruck. In der Nähe von Verona und Treviso gibt es einen Schlachthof, der sich aufs Schächten spezialisiert hat. In Bozen dürfe ein Halal-Metzger (muslimischer Metzger, der nach den islamischen Speisevorschriften die Tiere schlachtet und das Fleisch zubereitet) ein Tier nach erfolgter Betäubung mit einem einzigen geraden Schnitt schlachten. „Schwarze“ – also illegale – Schlachtungen ohne Betäubung, so Dr. Hintner, könne man leider nicht ausschließen.
Schlachtabfälle
Seit BSE wird das Augenmerk vermehrt auf Schlachtabfälle gelegt. Diese werden in zwei Kategorien geteilt. Die eine beinhaltet Knochen, Blut, Fett, Innereien, Haut und Fell, also organische Stoffe, die von der Pharma-, Kosmetik- und Düngeindustrie verwendet werden, jedoch nicht für Lebens- und Futtermittel (ausgenommen Gelatine!). Die andere Kategorie besteht aus Risikomaterial wie dem Oberkopf (Hirn, Auge, Mandeln), dem Rückenmark, aus Teilen der Wirbelsäule, Darmteilen und der Milz. Diese Schlachtabfälle werden von einer autorisierten Spezialfirma abgeholt, zwischengelagert und schließlich verbrannt.