Abschieben
Im Frühling 2015 von Werner Axmann
Die britische Fernsehanstalt BBC hat im Jahr 2001 für eine Sendung über Jesus Christus ein Computerbild von ihm erstellen lassen. Verwendet wurden dafür die Schädelreste eines Juden aus dem l. Jahrhundert, die Gesichtszüge eines Juden auf einem Fresko aus dem 2. Jahrhundert und Daten von semitischen Menschen. Herausgekommen ist dabei das Bild, das hier zu sehen ist.
Ein Freund hat mir das Bild in einem seiner Briefe mitgeschickt. Er war von der Darstellung geschockt und hat, wie er mir schrieb, zu seinem Sohn nur gesagt: Abschieben!" Ob Jesus von Nazaret wirklich so ausgesehen hat? Wir werden es wohl nie feststellen können. So jedenfalls haben wir uns ihn nicht vorgestellt. Zugegeben, das Computerbild unterscheidet sich erheblich von den gängigen Jesusbildern europäischer Prägung, die wir gewohnt sind und verwenden. Doch wahrscheinlich kommt es dem Aussehen Jesu näher, als unsere herkömmlichen Abbildungen. Denn Jesus war ohne Zweifel ein Jude seiner Zeit und in seiner Erscheinung nicht anders als die Menschen in seinem Umfeld.
Entscheidend ist für uns jedoch nicht, wie er ausgesehen hat, ob er braune oder blaue Augen hatte, wulstige oder schmale Lippen, ob er einen Bart trug oder nicht.
Entscheidend ist, ob er für uns glaubhaft ist. Seine Figur kennen wir nicht, ob er hochgewachsen war oder klein, muskulös oder eher hager. Aber sein Leben ist uns so weit bekannt, dass wir uns ein ausreichendes Bild von ihm machen können. Durchaus können wir beurteilen, ob er glaubwürdig und verantwortlich gelebt hat. Und sehr wohl ist uns bekannt, was ihm am Herzen lag und was er vermitteln wollte. Wir können uns nicht damit herausreden, wir hatten ihn ja nicht kennen gelernt.
Gegenüber seinen Zeitgenossen befinden wir uns in keiner anderen, vor allem in keiner schlechteren Lage. Sein Anspruch betrifft uns genau so wie die Menschen damals. Jesus Christus fordert heraus. Ob es uns passt oder nicht. Es ist unmöglich, ihm gegenüber gleichgültig zu bleiben. Er stellt Menschen – damals wie heute – vor die Entscheidung, sich auf ihn einzulassen oder ihn abzuschieben.