Flurnamen - Quellen historischer Forschung
Teil 5 - Etymologie
Im Winter 2010 von Dr. Johannes Ortner
Die Bedeutung der Namen der Höfe und Fluren ist eine der wichtigsten Quellen historischer Forschung eines Landstrichs. Außerdem stellt die Pflege und Weitergabe des Namenguts für eine Gemeinschaft einen bedeutenden, die Identität stiftenden Faktor dar.
Als Quelle dienen die in mündlichen Gesprächen abgefragten Namen (Flurnamensammlung Südtirol, die am Landesarchiv in Bozen einsehbar ist), das Werk „Die Hofnamen im Burggrafenamt und in den angrenzenden Gebieten“ des verdienten Hofnamenforschers Josef Tarneller, sowie das Tiroler Ortsnamenbuch von Karl Finsterwalder (als Schlern-Schriften in drei Bänden erschienen).
Abkürzung:
mda. (= mundartlich)
-
Beim Namen Meran handelt es sich laut Sprachwissenschaftler Cristian Kollmann um einen römischen Prädialnamen *Marianu ‘Besitz einer Person namens Marius’ > Maranu > Meran. Im gesamten Etschtal sind diese Prädialnamen (spätrömische Besitzungen „pensionierter“ römischer Heeresangehöriger) verbreitet: Göflan, Vetzan, Schanzen, Riffian, Baslan, Lanan, Völlan, Vöran, Sirmian, Vilpian, Terlan, Bozen, Firmian (alter Name von Schloss Sigmundskron), Missian, Eppan, Pinzon, Mazon, Siffian (Ritten). Es handelt sich um Besitzungen eines Cavilius (Göflan), Rufius (Riffian), Leonianus (Lana), Varius (Vöran), Vulpius (Vilpian), Taurilus (Terlan), Baudius (Bozen), Appius (Eppan), Sophius (Siffian). Von diesen Orten haben nur Meran, Pinzon und Mazzon die Betonung auf der Endsilbe, ansonsten gibt es eher Flurnamen mit Endbetonung (Maroun in Morter, Tschifuun in Schenna). Die Endsilbenbetonung bedeutet lautgesetzlich, dass Meran erst nach dem Jahre 1100 eingedeutscht wurde, während die anderen oben erwähnten Prädialnamen bereits vor 1100 in den deutschen Mund gelangt waren. Meran hatte als Ortschaft um 1100 noch gar nicht existiert (Gründung des Marktes an der Flur „Meran“ im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts durch Graf Albert IV. von Tirol). Steinach (ab 1250 in Besitz der Tarantsberger) ist als der am tiefsten gelegene Ortsteil von Tirol die ältere Siedlung.
Das italienische Merano wurde erst im 19. Jahrhundert aufgrund der deutschen Vorlage mit e geschrieben. Die älteren italienischen Formen lauten noch Amarano (mit angehängter Präposition) und Marano. Im Ladinischen und Bündnerromanischen gilt heute noch Marán wie auch in den Trientner Mundarten. - Eine weitere Deutung des Namens Meran legt das vorrömische marra ‘Mure, Geröllfeld’ zugrunde. Zahlreich sind im Vinschgau die Flurnamen Marein, welche sich aus besagtem marra erklären.
Auf der Meran ist auch ein früh abgegangener Mairhof urkundlich belegt. An ihn erinnerte bis ins 20. Jahrhundert die neu geordnete Mairhoflege der Stadt Meran, so Tarneller. (Zu den zahlreichen Legen vgl. dazu die Namen Spitalleg, Greitenleg, Altgreitenleg, Verdammte Leg in Untermais!).
1633 besitzen Algunder bedeutende Wiesen auf den Mairhöfen (vgl. die Bezeichnung auf den Schallhöfen in Untermais!): O. Dorner hat 12 Tagmahd Wisen (ca. 3,6 Hektar) auf den Mairhöfen vor der Stadt Meran in Gfar der Passer (heute Bahnhof und Friedhof Meran), Winkler hat 10 Tagmahd auf den Mairhöfen, Stainhuober hat 12 Tagmahd auf den Mairhöfen neben dem Siechenhaus (St. Leonhard, heute Liebeswerk) gelegen, Fronkeller hat 3 Tagmahd bei Meraner Mairhöfen.
1493 zinst das Spital an Meran vom Mairhof und von ainer 2 Wisen so in den Mairhof gehören.