Vorsorgeuntersuchung der Augen bei Kindern
Im Winter 2023 von Dr. Andreas Pichler
Einer der Vorteile, in einem reichen, industrialisierten Land aufwachsen zu dürfen, ist vor allem auch die ausgezeichnete medizinische Versorgung. Dies gilt auch für die Augenheilkunde. Und die erste Untersuchung beziehungsweise erste Therapie fängt schon bei der Geburt an. Routinemäßig werden dem Kind bei der Geburt antibiotische Augentropfen instilliert, um eine mögliche Infektion durch Gonokokken (Auslöser des – umgangssprachlich – Trippers) zu verhindern. Natürlich werden vom Kinderarzt auch die Augen sofort kontrolliert, um grobe Veränderungen auszuschließen.
Ab der ersten Woche wird nochmals nachgeschaut und der Pädiater untersucht die Augen auf sichtbares Herabhängen von Augenlidern, Augenzittern und andere Auffälligkeiten. Gibt es keine Risikofaktoren (zum Beispiel eine Frühgeburt) oder fällt den Eltern nichts Besonderes auf, dann vergehen in der Regel einige Jahre bis das Kind im Kindergarten einer weiteren, diesmal genaueren Untersuchung unterzogen wird. In Südtirol – im Gegensatz zum Rest Italiens – funktioniert das Screening im Vorschulalter durch eigens geschultes Fachpersonal (Orthoptisten) sehr gut. Die Aufgabe des Orthoptisten ist es, anatomische Auffälligkeiten festzustellen, die bisher unterschätzt oder übersehen worden sind (Beispiel: herabhängendes Augenlid). Besonders wichtig aber ist die Kontrolle der Sehfähigkeit, da die Kinder oft selbst nicht bemerken, wenn ein oder gar beide Augen nicht richtig funktionieren. Der Orthoptist kann auch frühzeitig ein Schielen erkennen und wird den jungen Patienten dann so bald wie möglich an einen Augenfacharzt verweisen.
Die Korrektur einer Fehlsichtigkeit (Kurz-, Weit- oder Stabsichtigkeit) ist natürlich enorm wichtig für die Weiterentwicklung des Kindes. Bedeutender aber sind Augenstörungen wie ein unerkanntes Schielen, ein Grauer Star oder eine Schwachsichtigkeit. Hier ist das jugendliche Alter genauso ein Vorteil wie ein Nachteil: Wird rechtzeitig und mit der Unterstützung der Eltern korrekt und ausdauernd behandelt (oftmals über Jahre), besteht die sehr gute Chance, die Funktion der Augen zu erhalten und zu verbessern. Die Augenfunktion ist bis zum elften Lebensjahr noch nicht vollständig ausgebildet und die plastische Phase kann gut genutzt werden.
Verpasst man andererseits diese Möglichkeit, dann kann man hinterher kaum etwas oder sehr wenig ändern und der Schaden ist unwiederbringlich.