Goldene Ananas
Im Frühling 2022 von Robert Asam
Man muss schon lange suchen, bis man in diesen Zeiten positive Nachrichten findet. Und je länger man sucht, desto bescheidener werden die Ansprüche. Italiens Fußballgazetten feiern deshalb den Sieg der AS Roma in der Conference League wie den Gewinn der Champions League. Das Scheitern in der WM-Qualifikation ist schon wieder vergessen. Vom nötigen Umbau im italienischen Fußball keine Rede mehr. Hurra, wir haben die Goldene Ananas gewonnen! Keine Angst, das wird keine Fußball-Glosse. Es geht um gesunkene Ansprüche, und damit sind wir in Meran. Vor einigen Monaten habe ich an dieser Stelle geschrieben, dass es Gewalttätern egal ist, wie der Bürgermeister heißt oder wer an der Regierung ist. Der (damals noch) neue Meraner Bürgermeister hatte zur Nachbarschaftskontrolle aufgerufen. Ein Verein sollte gegründet werden und dessen Mitglieder ausgebildet. Offenbar haben wir Meraner*innen wenig Lust, uns zu Kontrollfreaks ausbilden zu lassen. Ich jedenfalls habe von diesem Verein nichts mehr gehört, was natürlich auch daran liegen kann, dass man mit zunehmendem Alter immer weniger hört. Nun ruft man nach mehr Polizei. Abgesehen davon, dass ich bezweifle, dass die Polizeistreitkräfte personell in der Lage sind, allen Hilferufen, die aus Rathäusern laut werden, nachzukommen, wurde die Hoffnung, dass mehr Polizei, mehr Überwachung und härtere Strafen zu weniger Kriminalität führen würden, noch immer enttäuscht. Aber jetzt haben wir in Meran einen Erfolg gefeiert. Bei einer Razzia im Eurotel-Gebäude wurden 20 Gramm Haschisch gefunden. Im Rathaus sollen sich einige gefreut haben. Wie erwähnt, in Zeiten wie diesen ist man bescheiden geworden. Übrigens, das Eurotel war nicht das erste Mal Ziel einer Razzia. So gesehen, nichts Neues im Westen. Auch nicht neu, aber wirksamer wäre vielleicht, wenn man versuchen würde, die einzelnen Vorfälle auszuleuchten. Bei einem Einbruchsdiebstahl ist alles klar: Prekäre finanzielle Lage. Aber was führt zu einer brutalen Prügelei unter Jugendlichen, die nichts mit einer Schulhofrauferei zu tun hat? Was steckt hinter einem tätlichen Angriff auf Männer mit Migrationshintergrund? Es gibt Fachleute, es gibt Einrichtungen (Streetworker, Jugend- und Sozialdienste etc.), und vielleicht gibt es in Meran sogar jemand, der oder die eine solche Initiative koordinieren kann. Die Welt verändert sich und mit ihr die Gesellschaft. Mehr Polizei mag ein bisschen mehr Sicherheit bedeuten, aber die Ursachenforschung sollten wir in die eigenen Hände nehmen. Ein erster Schritt könnte sein, sich nicht mehr über eine Goldene Ananas zu freuen.