Die Privat-Realschule der Stadt Meran und der Kurgemeinden
Es ist sicher vielen Einheimischen nicht bekannt, dass von 1911 bis 1927 in Meran ein Realgymnasium bestand. Es wurde gegründet, um der Jugend im „aufstrebenden Weltkurort“ eine Ausbildungsmöglichkeit zu geben, die der neuen modernen Zeit angemessen sei. Die Schüler sollten gut auf das kommende Leben und einen nützlichen Beruf vorbereitet werden. Zugleich sollte ein „realistisch“ ausgerichteter Gegenpol zum humanistischen Gymnasium gebildet werden.
Unter Bürgermeister Roman Weinberger wurde 1907 ein Komitee aus Mitgliedern der freisinnigen und konservativen Parteien gebildet, das die ersten Schritte zur Gründung einer staatlichen Realschule tun sollte. In den Andreas-Hofer-Sälen wurde eine öffentliche Versammlung in Sache der Schulfrage abgehalten. Die Bevölkerung wurde in der Meraner Zeitung 1909 darauf eingestimmt, für eine zweite Mittelschule (heute Oberschule) zu kämpfen.
Es wurden verschiedene Schultypen in Erwägung gezogen. Meran, Untermais, Obermais und Gratsch sollten sich je nach gesandten Schülern an den Kosten beteiligen. Auch die nötigen Lehrkräfte sollten von den vier Gemeinden besoldet werden. Die neu gegründete Schule sollte in der Maiser Mädchenschule untergebracht werden. Der in Meran im Ruhestand lebende k.k. Gymnasialprofessor der VII. Rangklasse und k.k. Schulrat J.J. Ammann wurde mit der zu gründenden Schule betraut und sollte auch der erste Direktor werden.
Im Dezember 1910 wurde der Rohbau des Vorbaus des Meraner Turnvereins (heute Grundschule Franz Tappeiner in der Galileistraße) in Augenschein genommen, als provisorische Unterbringung der Anstalt angenommen und entsprechend adaptiert. Günstig war, dass sich neben dem Gebäude und der Turnhalle noch ein Freiturnplatz befand.
Somit war der Grundstein zur Errichtung der neuen privaten Realschule gelegt. Eine spätere Verstaatlichung wurde erhofft.
Finanziert wurde die Privatschule durch das Schulgeld, durch Subventionen und Beiträge der Kurgemeinden nach Anzahl der entsendeten Schüler. Es wurde auch ein Realschulunterstützungsverein gegründet, der mit Geld und Sachspenden, wie einem Kaiserbild, einer Sammlung von exotischen Käfern und Schmetterlingen sowie einem Hornissennest der Schule beistanden. Im Krieg wurden Kriegsanleihen angekauft und bedürftige Schüler unterstützt.
1911 wurden zwei 1. Klassen gebildet mit je 35 bzw. 38 Schülern. Unter ihnen waren die Brüder Paul und Heinrich Luther, Vorfahren der heute gleichnamigen Meraner Gärtnerei. Bereits im Schuljahr 1912/13 besuchten drei Mädchen als Privatistinnen die Schule. Die Öffnung der Schule für Mädchen sollte Ausdruck des fortschrittlichen, modernen Gedankens der Anstalt sein.
1916/17 wurde im Schülerverzeichnis vermerkt, dass zwölf Schüler zu „militärischen Dienstleistungen“ eingezogen wurden. Mit Gründung des Schülerhilfskorps wurden Schüler zur Mitarbeit und Hilfe in der Landwirtschaft und zu Kurierdiensten herangezogen.
Zu Beginn wurde Disziplin noch durch „gebührende Strenge“ eingehalten. Ab 1916 wurden gute Erfahrungen mit „natürlichen Strafen“ gemacht. Größere Strafen, wie „Karzer“ wurden damit fast überflüssig. Durch Abhalten regelmäßiger Sprechstunden und schriftlicher Mitteilungen blieb die Schule in steter Fühlung zum Elternhaus.
Als Besonderheit wurde der Unterricht auf Wunsch der Eltern und mit Bewilligung der Unterrichtsbehörde nur am Vormittag abgehalten. Besondere Sorgfalt wurde auf das stündliche Lüften und den Aufenthalt in den Pausen an der frischen Luft gelegt.
Der Lehrplan zeigt, dass der Unterricht in deutscher Sprache abgehalten wurde. Religion wurde gesondert nach Konfessionen (katholisch, evangelisch, israelitisch) unterrichtet, dazu französische Sprache, italienische Sprache (3./4. Klasse Freigegenstand, 5.-7. Klasse obligat), Geschichte und Geographie, Mathematik, Naturgeschichte, Chemie und Physik, Geometrisches Zeichnen, Freihandzeichnen, in der 1. Klasse Schönschreiben, Turnen.