Frida Parmeggiani
Grande Dame der Ästhetik und Raffinesse
Im Sommer 2018 von Eva Pföstl
Theater und Oper waren ihre Welt. Für viele galt sie in ihrer aktiven Schaffenszeit von 1978 bis 2008 als weltbeste Kostümbildnerin – heute lebt Frida Parmeggiani zurückgezogen in ihrem Geburtsort Meran. Sie hat unter anderem mit Regielegenden wie Rainer Werner Fassbinder, Samuel Beckett und André Heller sowie im Besonderen mit dem amerikanischen „Theatermagier“ Robert Wilson gearbeitet. Legendär sind ihre großartigen Ausstattungen bei den Bayreuther und Salzburger Festspielen, der Metropolitan Opera in New York, dem Burgtheater in Wien, der Opéra du Châtelet, der Opéra Garnier und dem Théâtre de l'Odéon in Paris, um nur einige der vielen Highlights zu nennen. Drei Jahre hat sie am Mozarteum in Salzburg und elf Jahre an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien unterrichtet. Anlässlich ihres 70. Geburtstages zeigte das Salzburger Mozarteum und Kunst Meran im Sommer 2016 eine Ausstellung und dazu erschien die erste umfangreiche Publikation über das Werk der berühmten Kostümbildnerin.
Ich treffe Frida Parmeggiani an einem schönen Sommertag im Garten eines Cafès in Meran. Sie zieht immer noch Blicke auf sich. Ästhetische Raffinesse im Auftreten und in der Kleidung bleibt auch in Meran nicht unbemerkt. Ihre schönen Augen mustern mich streng. Mit leiser, fester Stimme erzählt sie, dass der private Bereich das erste Mal in ihrem Leben Vorrang hat. „Ich hatte nach den vielen wechselnden Aufenthalten, unter anderem in Berlin, Hamburg, Zürich, Paris, New York, Wien, Madrid, Houston, Boston und München, ein großes Bedürfnis nach einem ruhigeren Leben. Und das habe ich in Meran gefunden“, betont Frida Parmeggiani. „Für mich jetzt im Alter hat Meran einige Vorteile. Natürlich stellt sich manches anders dar, als man es sich idealerweise wünschte. Jedoch wieder in einer Großstadt zu leben, könnte ich mir nicht mehr vorstellen. Dann schon eher irgendwo auf einem Berg, – was natürlich undenkbar ist“, erzählt sie schmunzelnd. „Vielleicht weil ich ein zu unbeständiges Leben führte, ist mir der Heimat-Begriff fremd. Ich musste lernen, mich überall zurechtzufinden, was sicherlich nicht immer einfach war.“
Abschied vom Elternhaus in Meran hat Frida Parmeggiani genommen, als sie zwölf Jahre alt war. „Nach dem Tod des Vaters kam ich ins Internat (Mariengarten St. Pauls). Es war eine schwierige Zeit“, erzählt sie.
Der Wille nach Unabhängigkeit und einem selbstständigen Leben hat sie ein Leben lang begleitet.
Sie macht eine Schneiderlehre, will Modezeichnerin werden und lebt einige Zeit in Wien. Aber die eigentliche Frida Parmeggiani erwacht in Zürich. Zufällig geht sie ins Theater und sieht eine Produktion von Peter Stein an der Schaubühne in Berlin. Und plötzlich weiß sie, was sie zu tun hat. Schluss mit Wien, auf nach Berlin! Sie ist begeistert und will an diesem Theater arbeiten, ohne zu wissen, dass es damals die berühmteste und innovativste Theaterbühne im deutschsprachigen Raum war. Sie fährt zur Schaubühne, legt ihre Mappe mit den Zeichnungen vor und bekommt eine Hospitantenstelle, natürlich unbezahlt. Geld verdient sie mit Nähen, denn das hat sie ja gelernt. So viel Willen und Durchsetzungsvermögen! „Ja, mutig war ich schon immer“, betont Frida. „Es folgte ein weiteres Praktikum an der Deutschen Oper in Berlin. „Besonders das Musiktheater wirkte wie ein Sog auf mich“, erzählt sie. Anschließend folgte eine zweijährige Assistenz am „Schillertheater“. Es war ein Dreispartenhaus, zusammengesetzt aus dem Schillertheater, dem Schlossparktheater und der Werkstatt – ein Experimentiertheater. Sie ergänzt: „Diese Jahre sind mir als extrem intensiv und arbeitsreich in Erinnerung.“ Bald findet ihr Schaffen die Aufmerksamkeit des damaligen Intendanten und des Bühnenbildners des Hamburger Schauspielhauses, die sie als Kostümbildnerin des Hauses engagieren. Nach weiteren zwei Jahren wagt sie den Schritt zur freiberuflichen Kostümbildnerin. „In der Berliner und Hamburger Zeit lernte ich große Regisseure kennen, welche künftig mit mir arbeiteten“, erzählt sie. Sie zog es vor, mit keinem fixen Ensemble zu arbeiten, da sie so den Intrigen der immer gleichen Leute entkam.
„Ich arbeitete wie besessen oft Tag und Nacht – so sehr faszinierte mich die Theaterwelt! Ich hatte aber auch das Glück, immer zur richtigen Zeit die richtigen Menschen zu treffen“, betont Frida und stützt ihr Kinn leicht auf die kleine Hand.
„In München arbeitete ich an den Münchner Kammerspielen am Residenztheater und an der Bayrischen Staatsoper. In dieser Zeit lernte ich Robert Wilson kennen, einen der bedeutendsten Theaterregisseure unserer Zeit.“ Robert Wilson war prägend für das Leben von Frida Parmeggiani: Es folgten 20 Jahre Zusammenarbeit und wer in dieser Zeit Wilson sagte, meinte auch Parmeggiani. Wer Wilsons Theater erlebte, sah auch Parmeggianis Kostüme in geradezu architektonisch entworfenen Figuren. Abstraktion war die große Herausforderung. „Geradezu symbiotisch war unsere Sicht bezüglich Ästhetik und unsere Zusammenarbeit“, sagt sie lächelnd. Somit begann eine internationale Karriere, die eine Vielzahl an unvergesslichen Inszenierungen in Hamburg, Zürich, Berlin, Salzburg, Paris, Houston, Madrid, New York usw. zur Folge hatten. Parmeggiani setzte mit ihren Kostümen neue Maßstäbe in der internationalen Theater- und Opernwelt. „Es waren Jahre voller Engagement, verbunden mit viel Stress, vielen Erfolgen und internationalem Startrubel“, erzählt Parmeggiani und betont gleichzeitig: „Ich möchte mein bewegtes Leben mit den vielen interessanten Menschen nicht missen.“