Visionen für den Südtiroler Wein
Was erwarten Konsumenten hinsichtlich Weinbau und Weinstilistik?
Dies ist eine Fragestellung welche hinsichtlich der Widersprüchlichkeit des Weinmarktes schwer zu beantworten ist:
Ein Trend beschreibt eine Veränderung, eine Strömung oder einen Verlauf in eine bestimmte Richtung. Weintrends sind deutlich langlebiger als Modetrends: Weinernten gibt es nur einmal im Jahr und der Zyklus eines Weinberges erstreckt sich über mehrere Jahre. Veränderungen sind deshalb meist schleichende Prozesse. Laut Umfragen lassen sich allein für das Jahr 2014 10 verschiedene und teilweise kontrastierende Trends im Konsum feststellen!
Erlauben Sie mir kurz in die Vergangenheit zu schweifen:
Wein hat in Südtirol eine lange Geschichte und beeinflusst schon seit Jahrhunderten unsere Kultur und unsere Landschaft. Er ist nicht nur ein Genussmittel, sondern bildet auch die Grundlage für einen wichtigen Wirtschaftssektor.
Die Weinbranche hat in den Jahrhunderten bedeutende Entwicklungen und Veränderungen durchgemacht. Diese Veränderungen waren und sind teils politischer Natur, teils von der Natur diktiert oder auch eine markttechnische Folge.
Zur ersteren gehören zum Beispiel die Anpflanzungen ausländischer Rebsorten in Südtirol am Anfang des 19. Jh. durch Erzherzog Johann, um die Produktion von Wein für die Österreichischen Kernlande zu garantieren, nachdem verschiedene ehemals österreichische Gebiete in Oberitalien verloren gegangen waren.
Als markttechnische Veränderungen sind hingegen die Umpflanzungen in den 50er-Jahren anzusehen. So konnten durch die ertragsreiche Sorte Großvernatsch, trotz abnehmender Rebfläche, größere Weinmengen erzielt werden. Ein weiterer, drastischer Absatzeinbruch in den 80er-Jahren erforderte ein radikales Umdenken in punkto Qualität. Die Folgen waren und sind bis heute rigoros: Ertragsreduktion, Wandel des Rebsortenspiegels mit gleichzeitig besserer Rebsortenadaption an die Lage, Umstellung der Erziehungssysteme, absolutes Qualitätsdenken im Keller und die Suche nach neuen Vertriebswegen. Nachhaltig wirkt auch die Erkenntnis, dass Südtirol sich mit seinen unterschiedlichen Hanglagen und den großen Temperaturschwankungen für den Anbau von weißen Rebsorten eignet und sich dementsprechend immer mehr zu einem Weißweinland gewandelt hat!
Die von der Natur beeinflussten Veränderungen betreffen zum Beispiel das Steigen des Alkoholgehaltes und die damit verbundene Diskussion über die Verlegung von Weinbergen, Veränderungen technischer Natur im Weinbau, die Suche nach geeigneteren Rebsorten oder die Verwendung anderer Hefestämme .
Aber vor allem auch hat sich das Profil des Konsumenten in den letzten Jahrzehnten gewandelt: Er ist meist informierter, kompetenter, globaler, individueller, experimentierfreudiger und vor allem sprunghaft in seinen Entscheidungen. Man spricht vom untreuen, multi-optionalen Konsumenten, welchem eine riesige Auswahl an Möglichkeiten zur Verfügung steht. Und der Konsument ist auch weiblicher geworden.
Diese Dynamik im Wettbewerb verschont auch den Weinsektor nicht, wenn auch die Zyklen langlebiger sind als in anderen Branchen. Die Produktorientierung der Weinmärkte wurde längst zugunsten einer Marktorientierung aufgegeben, welche auf den Konsumenten fokussiert ist.
Mehreren Studien zufolge wird Südtiroler Wein im Allgemeinen als aromatisch, fruchtbetont mit klarer Primärfrucht, mit trockenem Geschmacksprofil und einer knackigen Frische wahrgenommen. Man lobt vor allem auch das hohe Niveau der durchschnittlichen Weinqualität. Das Qualitätsstreben unserer Kellereien und Winzer hat den Südtiroler Weinen zu ihrem guten Ruf verholfen. Dies ist aufgrund der betrieblichen Struktur unserer Betriebe und der geringen Gesamtproduktion eine absolute Notwendigkeit. Südtirol muss sich noch mehr auf seine Position als Nischenproduzent besinnen und weiter in Qualität investieren. Konsolidierung allein reicht heute nicht! Südtiroler Wein muss als handwerkliches Spitzenprodukt gelten.
Die Konsumenten schätzen heute im Allgemeinen hohe Qualität, Innovation, Sicherheit, verlässliche und transparente Information, Nachhaltigkeit, Regionalität, Authentizität und territoriale Identität. Trotz einer ausgewiesenen Preis-Sensibilität sind die Kunden bereit für einen Mehrwert auch höhere Preise zu zahlen.
Die Sichtbarkeit von Bio ist sehr unterschiedlich: Weltweit hat sich die ökologisch bewirtschaftete Rebfläche (2004-2011) fast verdreifacht. Das Interesse ist groß und auch die Bereitschaft, mehr für biologische Weine zu zahlen. Trotzdem hat Bio bei Wein noch lange nicht die Akzeptanz erreicht, die es bei Lebensmitteln als Verkaufsargument erreicht hat. Hier ist noch am Marketing und an der Kommunikation zu feilen.
Eine weitere Frage, welche der Konsument sich stellt, ist jene nach dem Alkoholgehalt. Nachdem eine Reduzierung nicht ohne weiteres möglich scheint, müssten die Produzenten wahrscheinlich mehr Hintergrundinformation betreiben.