Farbe tragen heißt Farbe bekennen
Im Sommer 2015 von Dr. Luis Fuchs
„Frau Merkel trug einen türkisen Zweiteiler“, berichtete die „Zett“ anlässlich der Eröffnungspremiere von den Bayreuther Festspielen. „Eine Kanzlerin in Schlumpfblau“, stand dort auch als Bildunterschrift.
Türkis ist auf den himmelblauen bis blaugrünen Schmuckstein zurückzuführen, der von den Türken nach Europa gebracht wurde. Die Farbe zeigt sich im Meeres- und Gletschereis und wird wegen der eisigen Tönung als die kälteste aller Farben empfunden. „De gustibus et coloribus non est disputandum“, lehrten die Philosophen im Mittelalter; über Geschmäcker und Farben könne man nicht streiten, wollten sie uns erklären, in Geschmacksfragen könne es kein „richtig“ oder „falsch“ geben. Nicht am Modebewusstsein der Kanzlerin ist also etwas auszusetzen, sondern am nachlässigen Gebrauch von Farbbezeichnungen. Genau genommen hätte Frau Merkel statt eines „türkisen“ Zweiteilers einen türkisfarbenen tragen müssen. An welcher Sprachregel können wir uns hier orientieren?
Die Farben fallen durch ihre sprachlichen Eigenheiten auf. Problemlos beugen lassen sich die Grundfarben wie Rot, Blau, Grün, Gelb: ein rotes Kostüm, eine grüne Jacke, eine blaue Bluse. Farbadjektive dagegen, die aus Hauptwörtern hervorgegangen sind, dürfen nicht gebeugt werden. Die Farbe „oliv“ ist von der Olive abgeleitet, also soll statt des „olivenen“ Kleides das olivfarbene Kleid getragen werden. „Lilas“ ist das französische Wort für Flieder, dementsprechend fällt eine Frau nicht mit einem „lilanen“ Hut auf, wenn schon mit einem lilafarbenen oder lila Kopfschmuck. Steht eine Dame auf „Pink“, so entspricht sie in dieser Saison dem Trend der Mode-Designer. Trägt sie einen pinken Rock, ist dies zwar modisch chic, sprachlich aber nicht korrekt. Wenn schon, sollte sie in einem pinkfarbenen Rock auftreten. Gloria, die Fürstin von Thurn und Taxis, zog bei den Bayreuther Festspielen mit einem cremefarbenen Hosenanzug die Aufmerksamkeit auf sich.