Nicht nur Speditionsfirmen spedieren
Im Herbst 2016 von Dr. Luis Fuchs
„Die intoxikierte Frau wurde in die Innsbrucker Klinik eingeliefert“, berichtete der ORF Tirol kürzlich. Eine derartige Wortneuschöpfung ist natürlich gewöhnungsbedürftig. Das Hauptwort „Intoxikation“ wurde in diesem Fall „verbalisiert“, daraus wurde einfach ein Verbum gebildet.
„Bravourös spedierte der Torjäger B. Embolo den Ball in die Maschen“, kommentierte ein Schweizer Sportjournalist. „Das Match wurde vom Schiedsrichter A. Bieri arbitriert.“ Der Trick ist gar nicht so neu: Man nimmt ein Fremdwort, beispielsweise das italienische „arbitro“, versieht es mit der Endung „ieren“ und schon verfügt man über ein neues Zeitwort.
„Ich habe mich in der Arbeitsgruppe noch nicht richtig intrigiert“, meinte ein neu Eingestellter; korrekt hätte er integriert sagen müssen. Bei solchen Ableitungen auf „ieren“ kommt es nicht selten zu Verwechslungen zwischen ähnlich klingenden Ausdrücken. Als im Mai d. J. eine Demonstration gegen den Flughafen in Bozen stattfand, berichtete das Tagblatt der Südtiroler wortwörtlich: „Mehrere Bürgermeister verschiedener Gemeinden führten den Zug der Protestanten an.“ Die Protestanten haben zwar auch protestiert, aber schon vor fast 500 Jahren, als sie sich im Laufe der Reformation von der katholischen Kirche abwendeten; in Bozen waren es einfach Protestierende, darunter sicher auch etliche Katholiken.
Geht man daran, ein Denkmal zu restaurieren, dann sollte sein Ursprungszustand möglichst originalgetreu wieder hergestellt werden. Gilt es, ein altes Gebäude zu renovieren, kann es auch komplett umgestaltet und modernisiert werden. Ab und zu lesen wir, ein Bauwerk sei „neu renoviert“ worden: Im Renovieren ist das Adjektiv „novum“ schon enthalten, das Gebäude muss also nicht „neu erneuert“ werden. Der Sextner Gemeindeausschuss hat „das Ausführungsprojekt zu den Felssicherungsarbeiten validiert“, also rechtsgültig gemacht. Dagegen werden die Leistungen der Schüler nunmehr evaluiert; sie werden nicht mehr beurteilt, sondern bewertet. Wissenschaftler können im Labor die klimatischen Bedingungen auf dem Mars simulieren; die Regierung versucht mit Steuersenkung das Wirtschaftswachstum zu stimulieren. Den Senioren wird empfohlen, sich den Impfstoff gegen die Wintergrippe injizieren zu lassen; die Caritas initiiert immer wieder Hilfsprojekte für die Dritte Welt. Nach der weltweiten Wirtschaftskrise sind viele verunsichert, wie sie ihr Geld investieren, also langfristig anlegen sollen. Es liegt in der Zuständigkeit auch der Journalisten, über Korruption und Misswirtschaft zu investigieren.