Aldo Parmeggiani
Eine Südtiroler Journalistenlegende in Rom
Im Herbst 2016 von Dr. Johannes Ortner
Sein Gesicht kannte eine ganze Generation von Südtirolerinnen und Südtirolern, in einer Zeit als die deutschsprachige Tagesschau der Rai noch aus dem Hauptstadt-Studio in Rom gesendet wurde. Abends um 20 Uhr präsentierte der gebürtige Meraner Aldo Parmeggiani, Jahrgang 1939, seriös und mit sonorer Stimme Nachrichten aus Südtirol. Für den Meraner Stadtanzeiger gewährt er Einblicke in seinen Werdegang als Journalist, seine Arbeit in der Ewigen Stadt und seine aktuelle Tätigkeit für Radio Vatikan.
Aldo Parmeggiani ist Camerlengo (Vorsitzender des Vorstandes) der Erzbruderschaft Campo Santo Teutonico. Auszeichnungen: Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (2006), Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland (Bundesverdienstkreuz 1. Klasse 2009), Gregoriusorden (von Papst Benedikt XVI. verliehen, 2012).
Seit 1996 ist Aldo Parmeggiani Vatikan-Korrespondent für die Tageszeitung Dolomiten.
Meraner Stadtanzeiger: Herr Parmeggiani, Sie sind gebürtiger Meraner ...
Aldo Parmeggiani: Ja, ich bin in Meran geboren und habe die ersten 25 Jahre in der Passerstadt verbracht. Mein Vater war italienisch-schweizerischer Abstammung, seine Mutter war Züricherin, sein Vater stammte aus Piacenza. Er kam in den 30er-Jahren nach Meran und heiratete meine Mutter, Johanna Rabanser, eine Altmeranerin. Von meinen drei Geschwistern, Maridl, Helli und Frida, ist Helli Luther bei einem Bergunfall am Ifinger ums Leben gekommen.
Aufgewachsen sind wir alle in der Villa Hohenegger in der Verdistraße. Unweit davon ‒ in der Galileistraße ‒ besuchte ich die Volksschule, anschließend das Bozner Franziskanergymnasium. Dann drei Jahre Handelsoberschule. Nach einem kaufmännischen Intermezzo in der Bozner Rösslermühle absolvierte ich die „Alliance francaise” in Paris und wurde nach meiner Rückkehr beim Rai-Sender-Bozen, heute heißt er ja Sender Rai-Südtirol als Sprecher engagiert. Dann, 1966, der Sprung nach Rom zur Tagesschau, gemeinsam mit Franz von Walther, Konrad Neulichedl, Fritz Scrinzi, Uwe Ladinser.
MS: Warum mussten Sie nach Rom?
A. Parmeggiani: Zuerst hieß es, es würde nur drei, höchstens vier Monate dauern, bis dahin wäre die technische Vorrichtung am Funkrichtungsmasten Paganella für ein eigenes Studio in Bozen sendefähig. Aus drei Monaten wurden 30 Jahre! (Siehe eigenes Interview!) Dann, nach dem langjährigen Rai-Abenteuer, ging es nahtlos über zu Radio Vatikan, ein internationaler Sender mit über 40 verschiedenen Sprachen und angeschlossenem Fernsehzentrum.
MS: Waren Sie immer schon Journalist?
A. Parmeggiani: Nein, ich war fünf Jahre Sprecher, wollte dann aber auf Journalismus umsatteln. In Italien bedarf es dazu der Ablegung eines Staatsexamens. Als Sprecher absolvierte ich eine Sprach- und Sprechschule in Bozen und Innsbruck, wo das Burgtheater-Deutsch die Messlatte war.
MS: Wie gestaltet sich die Arbeit für Radio Vatikan?
A. Parmeggiani: Ja, nach 30 Jahren Rai hat man mich zu Radio Vatikan gerufen, die ersten zehn Jahre davon war ich im Aktuellen Dienst tätig. Danach wurde ich gefragt, ob ich eine Sondersparte übernehmen wollte: Auf diese Weise entstanden die Sendung Menschen in der Zeit, in der im Abstand von zwei Wochen interessante Zeitgenossen interviewt werden, und die Sendung Aktenzeichen, in der ein historischer Blick auf die Bedeutung verschiedener Persönlichkeiten geworfen wird.
MS: In welcher Sprache haben Sie die Porträts bzw. Interviews verfasst?
A. Parmeggiani: In deutscher Sprache meistens, aber auch in italienischer, zum Beispiel mit Riccardo Muti, Giulio Andreotti, Franco Zeffirelli u.a. Radio Vatikan hat bekanntlich 40 Sprachabteilungen, da arbeiten viele Nationen: Deutsche, Italiener, Franzosen, Engländer, Afrikaner, Chinesen usw. Einige meiner Sendungen wurden auch von anderen Sprachabteilungen übernommen. Bis zum heutigen Tag habe ich über 600 Interviews geführt, mit vielen Menschen meist aus dem deutschen Sprachraum. Beispielsweise habe ich Staatsmänner vorgestellt und interviewt, seit Richard von Weizsäcker sämtliche deutsche Bundespräsidenten, die ich zu diesem Zweck in Berlin aufgesucht habe. Dazu natürlich Schauspielerinnen, Sängerinnen, Journalisten usw. Die größte Arbeit dabei ist die Vorbereitung zu den Interviews, das braucht Zeit. Denn der oder die Interviewten merken sofort, ob man sich gut und ernsthaft vorbereitet hat. Der nächste Kandidat ist zum Beispiel der bekannte Filmemacher Wim Wenders, ein Erneuerer des europäischen Films. Dieser Termin musste zum Beispiel bereits vor einem Jahr fixiert werden.
MS: Wird es nicht Zeit, den Ruhestand zu genießen?
A. Parmeggiani: Ich bin einer von jenen, die sich auf den Ruhestand zwar freuen, ihn aber lange hinausziehen. Ich habe mich noch für zwei Jahre verpflichtet. Dann werde ich knapp 80 sein und dann lass ich mich vermutlich auch los. Wenn der Herrgott einverstanden ist.