Jugendlicher surft ständig im Internet
Was kann ich dagegen tun?
Im Herbst 2016 von dialogo
Frau T.: Sehr geehrte Frau Dr. Cornelia Schmid, ich habe einen sechzehnjährigen Sohn, der Stunden vor dem Computer sitzt und im Internet surft. Er trifft sich auch kaum noch mit Freunden. Ich habe Angst, dass er süchtig wird bzw. ist und vereinsamt.
Cornelia Schmid: Liebe Frau T., es kann bei Jugendlichen laut einigen Studien zwischen stundenlangem Hocken vor dem Computer und der Einsamkeit ein Zusammenhang bestehen. Es besteht auch ein Zusammenhang zwischen Vereinsamung und Einsamen, welche mehr vom Internet angezogen werden und umgekehrt. Es muss jedoch nicht bedeuten, dass Jugendliche, weil sie allein im abgedunkelten Zimmer sitzen, immer im Internet surfen und nie Besuch bekommen, dass sie mit anderen Menschen nicht kommunizieren. Ich habe oft diese Erfahrung gemacht, dass sie sehr wohl miteinander kommunizieren, z.B. über Facebook oder Online-Spiele, in denen sie zusammenspielen müssen. Es gibt Unterscheidungsmerkmale zwischen Sucht und Flucht in die irreale Welt und dem „Mit Freunden im Netz abhängen“ und mit ihnen dort spielen und kommunizieren.
Frau T.: Können Sie mir einige Kriterien für die Internetsucht nennen?
Cornelia Schmid: Ein ausschlaggebendes Kriterium ist der ausufernde Gebrauch. Ist der Jugendliche immer länger als sechs Stunden täglich online? Kann er es eingrenzen oder ist er länger online als er vorhatte? Wenn er nach Hause kommt, geht er sofort zum Computer oder spricht er auch mit Ihnen? Sind seine Schulnoten schlechter geworden oder hat er öfters Streit mit Ihnen als Eltern? Jugendliche, die meiner Erfahrung nach häufig online zocken, haben oft eine schlechtere Bindung zu ihren Freunden, kommunizieren weniger, vertrauen ihren Freunden und ihrer Familie nicht und fühlen sich entfremdet.
Frau T.: Nein, er ist nicht so lange im Internet und kommuniziert schon noch mit uns und seinen Freunden. Mich würde interessieren, ob es einen Unterschied zwischen Mädchen und Jungen gibt.
Cornelia Schmid: Während die Jungs das Internet mehr für Online-Spiele und Glücksspiele benutzen, sind die Mädchen eher bei den sozialen Netzwerken und beim Online-Shopping zu finden oder nutzen es zur Recherche.
Frau T.: Was reizt die Jugendlichen so im Internet?
Cornelia Schmid: Einerseits die Anonymität. Man muss nicht die Angst haben, als Person verletzt zu werden. Eine Onlineabfuhr ist etwas anderes, als wenn man wirklich zu einem Mädchen hingeht und einen Korb kriegt. Man kann sich mehr trauen. Ein anderer Grund ist, dass es spannend und reizvoll ist, da man Neues trifft und kennenlernt.