Kein Weg zurück
Lesezeit: 3 minIm Herbst 2016 von Verena Maria Hesse
Heute Nacht hatte ich wieder diesen Traum. Es ist der, in dem ich mein Studium nur beinahe beendet habe und die paar echten Brocken noch vor mir liegen. Es ist ein Traum ohne Gewalt, ohne Dunkelheit, ohne Messerstecher und bedrohende Schatten in der Nacht. Einer ohne plötzliche Schicksalsschläge und Unfälle, keiner in dem eines meiner Kinder erkrankt oder so.
Es ist einfach ein Traum, in dem ich mich in meinem Werdegang ein Stück weiter hinten befinde.
Und ich sage Ihnen: Dieser Traum setzt mir so zu, dass ich heute Früh fast eine extra Tasse Grüntee getrunken hätte, vor Freude. Vor Freude, wieder dort zu sein, wo ich bin. Im Jetzt und Hier und nicht 10 Jahre weiter hinten.
Lassen Sie mich etwas ausholen. Wenn ich mich mit alten Freunden treffe, solchen aus der Studienzeit beispielsweise, dann fallen oft Sätze wie: Meine Güte, wir hatten es schön! Wie jung und unbeschwert wir waren! Wie frei wir waren! Wie schön diese Zeit doch war! Ach, wären wir doch wieder Studenten!
Dann denk ich mir immer: Ja, alles schön und gut, wir hatten eine tolle Zeit, sie war voller Abenteuer, voller Spaß, voller Abwechslung, voller Überraschungen, voller Bekanntschaften, voller Bier, voller Experimente, aber sie war auch voller Präsentationen vor einer mitunter unberechenbaren Jury, voller Seminare mit Anwesenheitspflicht, voller Prüfungen mit wochenlanger Appetitlosigkeit vorher, nervösem Durchfall und schlaflosen Nächten, Phasen des Studiums mit totalem Hausarrest, voller großer Enttäuschungen, die einen immer wieder zurückwarfen im Zeitplan, im Lebensplan, Zeiten voller Frustration und Selbstzweifel, voller Komplexe und Ratlosigkeit.