Das „Zither-Seppele“ von Meran
Alpenzeitung, 3. Mai 1941, Seite 2
Im Sommer 2021 von Dr. Elfriede Zöggeler-Gabrieli
In der Alpenzeitung vom 3. Mai 1941 wird an eine Meraner Persönlichkeit erinnert, die weit über die Grenzen Tirols hinaus bekannt war. Anlässlich des nunmehrigen 100. Todestages von Josef Leiter wird dieser Bericht nochmals aufgegriffen. Getreu der Zeit finden sich darin gar manche Italianismen.
[…] Am 21. Jänner des Jahres 1921 […] verschied nach längerem Leiden der wohl im ganzen Lande und weit darüber hinaus bekannte und beliebte große Meister der Zither und Zitherlehrer Josef Leiter im hohen Alter von 86 Jahren.
Geboren am 16. März des Jahres 1835 als Sohn des Pröfinger Bauern in Maia Alta, zeigte das „Seppele“, wie ihn jung und alt bis in sein höchstes Alter benannte, bald große Freude und Geschicklichkeit zur Musik. Als Hüterbub in Dörflein Tirolo fing er an, sich eine Zither zu „baschgeln“, das Instrument, das einstmals seinen Namen hinaustragen sollte in die ganze weite Welt der Zitherspieler.
Stets ohne Lehrer, nur durch eigenen Fleiß und seltene Ausdauer vermochte Leiter sein angeborenes Talent so auszugestalten, dass er selbst ein berühmter Meister des Instrumentes und – hundert anderen ein ganz ausgezeichneter Lehrer des Zitherspieles geworden ist. Kaum erwachsen trat Leiter der Musikkapelle von Maia Alta bei, zu deren Proben er von seinem weit entfernten Dienstort in Labers stets pünktlich erschien. Später kam er nach Maia Alta herab in landwirtschaftlichen Dienst, doch bald entdeckte ein Kurgast das Genie des jungen Zitherspielers. Er erhielt ein freies Zimmer in der damaligen Villa Matscher (heute Pension Minerva) und konnte sich nun ganz der eigenen Ausbildung widmen, wie auch seinen bald sehr zahlreichen Schülern. Unter diesen finden wir zahlreiche Kurgäste aus den höchsten Gesellschaftskreisen so z. B. die damalige Königinmutter von Belgien, Frau Herzogin Karl Theodor und besonders Erzherzogin Maria Therisina, der er auch im Sommer auf die Mendola folgte. Ihr widmete Leiter auch seinen flotten Marsch, den „Maria Teresia“ Marsch, der auch von den Musikkapellen übernommen und viel gespielt wurde. Als Zitherspieler war er viel bei Hofe eingeladen, so bei Erzherzog Ludwig auf Castel Rotondo [Schloss Rundegg], der Leiter an seinem letzten Abend in Merano noch kommen ließ und sich an dem prächtigen Spiele des „Zither Seppele“ nicht satt hören konnte.
Auch bei den Erzherzogen Ferdinand und Ferdinand Karl wurden seine Weisen mit Vorliebe gehört. Vor dem Kaiser Franz Josef und der Kaiserin Elisabeth trat Leiter als Zitherspieler und Mitglied des alten Nationalsextetts auf, dessen letztes Mitglied mit ihm vor 20 Jahren [also auch 1921] zu Grabe ging. Viel und gerne erzählte der freundliche Greis von den ruhmvollen Künstlerreisen nach Deutschland (Bremen-Hamburg-Berlin) und Österreich (Wien-Graz) die er teils mit dem Sextett, allein oder mit der Bürgerkapelle von Merano machte. Wie schon bemerkt, betätigte sich Leiter auch als Komponist und schrieb viele ganz reizende Sachen. Berühmt wurde sein Jodler, den er fürs „Hutter Hiasele“ zum Lied „Dirndl machs Riegerl auf“ komponierte. Leiter war Ehrenmitglied der Bürgerkapelle, des Gesellenvereins und gründendes Mitglied des Männer-Gesangvereines. Auf dem Pfarrchore war er bis in seine letzten Jahre als Sänger, Bläser und Pauker tätig. Er war der Gründer des örtlichen Zitherklubs, der unter seiner Leitung die trefflichsten Erfolge erzielte. [...]