Der Strumpfmacher
Im Frühling 2014 von Dr. Elfriede Zöggeler-Gabrieli
Das Handwerk in der alpinen Welt konnte sprichwörtlich nie den goldenen Boden erreichen, aber es war immer eine notwendige und taugliche Lebensform. Die Menschen versuchen, möglichst viel selbst zu erzeugen und zu verarbeiten. So vollzieht sich ihr Leben durchwegs autark, was bedeutet, dass der arbeitende, wirkende, sein Leben nach besten Kräften gestaltende, immer Neues suchende und landwirtschaftlich geprägte Mensch das, was er zum Leben benötigt, durch Fleiß, Geschicklichkeit und Wissen auf dem Feld, auf dem Acker, im Wald, von seinem Vieh, von der Alm und vom Berg anschafft.
Geschichte
Seit dem 14. und 15. Jahrhundert wurden aus Tuche oder gewalktem Zeug (Wollstoffe) Teile zugeschnitten und zu „Beinlingen“ verarbeitet.
Gegen Ende des 15. Jahrhunderts setzten sich dann gestrickte und zwar vor allem leinene, wollene, baumwollene, seidene und halbseidene Strümpfe durch. Im deutschsprachigen Raum waren zunächst vor allem die gröberen Macharten aus der Umgebung von Nürnberg bekannt, die aber bald durch feinere Waren aus Mailand und London oder Sachsen, Salzburg, Böhmen Frankreich, Italien und England verdrängt wurden.
Mit der Mode des spanischen Hofes, die seit anfangs des 16. Jahrhunderts auch in Mitteleuropa Einzug hielt, dehnte sich das Stricken als Handwerk mehr und mehr aus. Urkundlich wird das Stricken erstmals 1535 in Straßburg erwähnt. Zu den Strümpfen gesellten sich nach und nach andere Artikel, wobei schriftliche Nennungen der Hosen- und Barettmacher aus dem Jahre 1574 nachzuweisen sind, sowohl Nürnberg (1583) als auch Basel (1607) folgen bald darauf mit einer Barett-, Handschuh- und Hosenlismer- bzw. Hosenstrickerordnung.
Nach der Aufhebung des Edikts von Nantes 1685 durch Ludwig XIV. (1643-1715) und der Verfolgung der Hugenotten wanderten aus Frankreich nahezu eine halbe Million Protestanten in die protestantischen Gegenden Deutschlands aus, darunter viele Strumpfwirker, die außer ihren Handwirkstühlen auch die neue Arbeitstechnik der Strumpfwirkerei mitbrachten.
Schriftliche Quellenbeispiele
Im Raum Burggrafenamt belegen Aufzeichnungen von Kleiderinventaren und Kaufmannsaufzeichnungen des 16. Jahrhunderts vor allem den Gebrauch von Strumpfwaren: Paul Hagen, Zöllner auf der Töll, hinterließ beispielsweise 1645 zwei par plab halbseidene strimpf und zwai par griene ennglische strimpf. Selbst geflickte Strümpfe waren es früher wert, im Inventar aufgenommen zu werden, wie folgender Textausschnitt des Nachlasses von Martin Satlperg aus Tscherms (1669) belegt: Ain alts gflickhtes par seidne vnd ain par halb seidne strimpf per 1 fl (Gulden). Aber nicht nur Adlige, Bürger und Bauern trugen Strümpfe, auch Angehörige der Geistlichkeit wussten deren Bequemlichkeit und Wärme zu schätzen. So geht aus einem Auszug einer Kostenaufstellung, der von einem Meraner Krämer An die Erwirdige in Gottes Andechtige Fraw Rossäly geborne Tschinin In wirdigen Junckhfraúen Closster St. Clara Ordens etc. alhie (Klarissinnenkloster Meran, am Kornplatz, heutiger Sitz der Volksbank bzw. des Frauenmuseums) gerichtet war, hervor, dass besagte Rosalia Tschin am 8. Februar 1641 unter anderem ein Paar rote englische Strümpfe und am 26. November gleichen Jahres ein weiteres Paar rote dicke Strümpfe entgegennahm.
Das Handwerk
Die Strickerei war zunächst ein städtisches Handwerk, das sich aber bald auf das Land ausdehnte.
Während zunächst beim Stricken ein einziger Faden zu Maschen verschlungen und jede Schleife sofort zu einer neuen Masche verarbeitet wurde, konnte durch den von W. Lee 1589 erfundenen Strumpfwirkerstuhl gleich eine Anzahl von Schleifen hergestellt werden, aus denen dann gleichzeitig Maschen gebildet wurden. Der Lee'sche Stuhl brachte eine Verzehnfachung der Maschenbildung, was eine Beschleunigung und Verbilligung der Strumpfherstellung ermöglichte.