Ein Stück Meraner Identität
Im Herbst 2016 von Philipp Rossi
Kaum ein anderes Großunternehmen hat die Geschichte Merans in den vergangenen Jahrzehnten so stark geprägt und mitgeschrieben wie die Firma Torggler. Im Laufe ihres 150-jährigen Bestehens hat sie sich von einem kleinen Familienbetrieb zu einem internationalen Chemiekonzern entwickelt und ist dabei stets in der heimischen Wirtschaftswelt fest verankert geblieben.
Die Familie Torggler gründete das Unternehmen im Jahre 1865, als Südtirol noch zum Habsburgerreich gehörte und sich die Stadt Meran so langsam als Kurort zu etablieren begann. Damals, als die Handelsstruktur noch in Kleingeschäften organisiert war, entwickelten die Torggler ein Verkaufskonzept, das einer Zukunftsvision zu gleichen schien: Ihnen schwebte nämlich die Eröffnung eines Fachgeschäftes vor für Baumaterialien und dazugehörige Waren wie Nägel und Schrauben – eine Art „Baumarkt ante litteram“.
Fast ein Jahrhundert später, im Jahre 1950, beschloss der damalige Firmenbesitzer Georg Torggler, das Verkaufsangebot zu erweitern. Das Unternehmen begann fortan, jene Produkte, die es verkaufte, zu veredeln und auf diese Weise eigene Erzeugnisse zu kreieren, die später maßgebend für den Aufstieg zum Großkonzern sein sollten. Die Chemieabteilung war geboren.
In den 1960er-Jahren, den Jahren des Wirtschaftswunders, des sog. „miracolo economico“, erlebte der Betrieb einen rasanten Aufstieg. Dank seiner revolutionären Erzeugnisse, allen voran die Betonzusatzmittel Uraplast, Uma Gunite und Neantol (siehe Infokasten), die vor allem im Tunnel- und Staudammbau eingesetzt wurden, schaffte es die Firma Torggler, sich auf Dauer auf gesamtitalienischer Ebene unter den Marktführern zu etablieren. So kamen beispielsweise für die Realisierung der „Autostrada del Sole“ (Autobahn Mailand-Rom-Neapel), der Hauptverkehrsachse Italiens, Torggler-Produkte zum Einsatz. Gleichzeitig investierte die Firma große Geldsummen in die Forschung und in die Entwicklung neuer Produkte, die fast immer als bahnbrechende Neuigkeiten auf den Markt kamen.
Der rasante Aufstieg der Firma Torggler schlug sich auch auf den heimischen Arbeitsmarkt nieder. Weil der Bedarf an Arbeitskräften und an immer größeren Produktionsstätten stieg, baute die Firma einen neuen Sitz in der Stadt und sicherte Hunderten von Meranern ihren beruflichen Werdegang.
Der Konzern verfügte damals über 40 Vertreter und 2.000 Wiederkäufer in ganz Italien. Diese sorgten dafür, dass die Torggler-Produkte von Meran aus überall erhältlich waren und das Unternehmen mit den großen Mitbewerbern aus der Lombardei und aus der Emilia-Romagna konkurrieren konnte.
1970 folgte die Trennung in zwei unterschiedliche Unternehmen: Die Torggler Chimica, die sich um die Produktion der unterschiedlichen Chemieerzeugnisse kümmert, und die Torggler Commerz, die den Vertrieb und Einzelhandel von Baumaterialien und Werkzeugen betreut.