Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein
Im Sommer 2013 von Dr. Luis Fuchs
An der Fassade des Lienzer Kaufhauses dm prangt das Faustzitat, natürlich zurecht gebogen; mit dem ersten Satz soll die Aufmerksamkeit des Käufers geweckt, mit dem zweiten soll er zum Handeln, also zum Kauf bewogen werden. Mit demselben Goethezitat wirbt ein Burggräfler Hotel, auch hier ist der Text verfälscht, zwar ist nur ein „s“ unterschlagen: Hier bin ich Mensch, hier darf ich sein. Der Gast darf sich hier aufhalten, weil er ja ein zahlender Mensch ist.
Die Werbung greift mit Vorliebe auf bekannte Zitate und überlieferte Sprichwörter zurück, indem sie diese sprachlich verändert oder ergänzt. Da einzelne Wörter der Werbesprüche dem Käufer schon bekannt sind, werden gleich Vertrauen und Neugierde geweckt.
Alte Liebe rostet nicht, mit diesem Motto zogen die durch Südtirol tourenden Oldtimer kürzlich unsere Aufmerksamkeit auf sich. Alte Liebe rostet nicht, wenn sie gut vergoldet ist, damit verführte der geschäftstüchtige Juwelier den betuchten Ehemann zum Kauf des Edelmetalls. Liebe geht durch den Wagen, heißt es; bekanntlich hat nicht so selten ein fahrbarer Untersatz eine Zweisamkeit erwirkt. Für den Ford Fiesta lautete einst der Werbespot: Manchmal fällt doch ein Meister vom Himmel. Die BMW vertröstete die potenziellen Zweirad-Käufer mit dem Werbespot: Kommt Zeit, kommt Rad.
Da Reichtum keine Schande ist, darf sich der Geldadel offen dazu bekennen, nach der Devise, Reich und Reich gesellt sich gern, denn an Devisen richten sie sich ja aus. Die Geschäftstüchtigen orientieren sich am Prinzip, Wer Geld sät, soll Kapital ernten, und um ja keine Gewinnsteigerung zu versäumen, stellen die im Bereich der Botanik eher Unkundigen die Frage: Wie stehen meine Akazien?