Wos der Bauer nit kennt, sell isst er nit!
Im Sommer 2013 von Dr. Johannes Ortner
Was in den bäuerlichen Stuben aufgetischt wurde, stammte bis in die 1960er-Jahre hinein zum großen Teil aus dem eigenen Anbau. Die Selbstversorger- oder Subsistenzwirtschaft war Grundlage der Eigenständigkeit des Bauernhofs.
Wos der Bauern nit kennt, sell isst er nit! Dieser Spruch spiegelt die Hartnäckigkeit wider, mit der der Bauer an althergebrachten Speisen festhielt – und zeugt vom konservativen Sturschädel des Bauern. Mit Sushi und Sashimi ködert man auch heute kaum einen Landbewohner ...
Zu den ältesten uns heute noch bekannten Gerichten zählt das Mus. Schon der Dichter Oswald von Wolkenstein (1377–1445) singt: Ich mues hinfür derwelcken, kauft ich mir nit ain Kue, damit ich hab zu melcken, ain Mues des Morgens frue. Besonders die getreidearmen Bergbauern waren auf das gewöhnliche Milchmus angewiesen.
Bis ins 18. Jahrhundert war das Hafermus in den Tiroler Hochtälern noch sehr verbeitet. Der Haferbrei war im Mittelalter die gewöhnliche Bauernspeise, bestehend aus Hafermehl und Milch. Das Bircher-Müesli besteht aus gequetschten Haferkörnern (Flocken) und hat sich im Rahmen der Naturkostbewegung mittlerweile zum Frühstücksklassiker gemausert.
Die Zubereitung eines Muses:
Das Mus wurde in einer Eisen- oder Kupferpfanne bereitet, der Hafer für das Mus wurde vorher im Backofen gebräunt und dann in der Hausmühle zu Gries vermahlen. Der Hafergries wurde dann in der Pfanne mit Milch verkocht und ausgerührt. Beim Kochen bekam das Mus die von den Musessern geschätzten braunen, angekochten Råschpm. In die Mitte des Muses steckte die Bäuerin ein Stück Butter, anschließend wurde das Mus zum Auskühlen vor die Tür auf die Hausbank gestellt. Das Mus wurde dann auf den Pfannenknecht in die Mitte des Stubentisches gestellt. Jeder Tischgenosse machte sich in seinem Musteil eine kleine Grube oder Furche. In der Mitte des Muses hatte sich inzwischen ein kleiner Schmalzteich gebildet, der über die Furchen in den jeweilen Sektor rann. Das Wassermus des Obervinschgaus und des Oberinntals wurde als Frühstück genossen, es handelte sich um eine dick eingekochte Brennsuppe.
Besonders schmalztriefende Varianten des Muses waren als Melchermuas legendär.
Hirse (mundartlich Praidn = „Brei“) war im Mittelalter ebenfalls sehr verbreitet, ist durch den Anbau des Tirgg (Mais) und des Schwårzplent (Buchweizen) ab dem 16. Jahrhundert aber vom bäuerlichen Speisezettel verschwunden.
Suppen (mit Einbrenn Brennsupp genannt) sind wichtige Bestandteile traditioneller Kost, zwei Vertreter davon sind die Gerstsuppe und die saure Suppe (unter Verwendung von Kutteln und Essig). Als trendiges Ethno-Food eignen sich Hirnknödel und Kutteln nur für Hard-Core-Kulinariker, der Ahrntaler Graukas ist von der Slow-Food-Bewegung allerdings wohlwollend aufgenommen worden.
“Knödel, Nocken, Nudel, Plenten
sind die vier Tiroler Elementen”
Über die Tiroler Speckknödel muss man keine größeren Worte verlieren, um 1600 herum waren sie gemeinsam mit Gerste, Würste und Kraut ein beliebtes Hochzeitsessen. Hermann Mang nennt sie ein wunderbares Gemisch von Milch, Mehl, Eiern, Speck, Wurst und Brot, welches von der Köchin Verstand und Geschick verlangt und dem Magen so wohl tut, weil es eben eine glückliche Mischung ist.
In Südtirol d a s „Nationalgericht“ waren bis in die 1970er-Jahre herauf die plentenen Knödl, vor allem dort, wo der Schwarzplent (Buchweizen) als Nachfrucht zum Winterroggen (Korn) angebaut wurde. In vielen Gebieten erschienen täglich die schwarzplentenen Knödl auf der Mittagstafel, an Sonn- und Feiertagen die weißen, die aus Weißmehl bestehen. Sie wurden einmal zu Wåsser (Suppe) und einmal zu Lånd (im Winter mit Kraut, im Sommer mit Salat) genossen.