Stummelsprache
Im Winter 2012 von Dr. Luis Fuchs
„Steuern runter, Löhne rauf.“ Eher hätte man diese Titelzeile in der BILD-Zeitung vermutet als auf der ersten Seite der Südtiroler Tageszeitung. Gesundschrumpfen müssen wir, so wird uns das Sparen und Kürzen schöngeredet. Anscheinend hat der Schrumpfungsprozess auch schon in unserem Sprachgebrauch eingesetzt. Rauf und runter, rüber, rein und raus, diese verstümmelten Formen fassen zusehends Fuß in den Südtiroler Medien. Zusätzlich haftet diesen Kurzformen ein grundlegender Mangel an: Sie sind ungeeignet, eine Richtung anzugeben. Die Südländer kommen im Urlaub zu uns herauf, wir dagegen steigen auf unsere Gipfel hinauf. Neuerdings geht man einfach rauf, ob herauf oder hinauf scheint egal zu sein. Wir gehen in das Restaurant hinein, die Freunde, die wir eingeladen haben, kommen später herein. Jetzt gehen einfach alle rein.
Manche Südtiroler gehen nunmehr auch schon hoch. Zum Glück nicht in dem Sinne, dass sie vor Wut in die Luft gehen, nein sie gehen einfach als Bergsteiger auf die Gipfel hoch. Manch einem Touristen genügt es gar nicht, nur einfach auf einen Berg zu gehen, sie laufen stundenlang den Berg hoch und laufen dann wieder den Berg runter. Kein Wunder, wenn sie dann vor Müdigkeit das Abendessen appetitlos runterwürgen. Die Klügeren tun sich so eine Schinderei gar nicht an, sie erklimmen die Berge, indem sie mit der Seilbahn hoch fahren. Auch einzelne Sprecher der RAI Bozen übernehmen zusehends solche aus der norddeutschen Umgangssprache entlehnten Ausdrücke wie rauf, runter und hoch.
Korrekt drücken wir uns dagegen aus, wenn wir vor Schreck hochfahren oder unseren Rechner hochfahren. Einer, der geladen ist, kann vor Wut hochgehen, wie auch Minen hochgehen, wenn sie explodieren.